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Insights: Das Institut für Wirtschafts-, Sozial- und Innovationsforschung

Bei einem Besuch bei POLICIES erhielt Corporate Communications interessante Einblicke. Institutsdirektor Michael Ploder im Interview über Analysen und Bewertungen als Grundlage für evidenzbasierte Entscheidungen für Politik, Wirtschaft und Verwaltung und seine Zielsetzungen für das Institut.

 

Michael Ploder, Direktor Institut POLICIES befasst sich u.a. mit Politikberatung

Der Volkswirt Michael Polder leitet sein 1. Juli 2024 das Institut POLICIES mit 36 Mitarbeiter*innen an drei Standorten. Foto: JOANNEUM RESEARCH/Bergmann

Was ist die Vision für das Institut POLICIES?

Ploder: Wir sind unabhängige Partner für Gestalter*innen und Verantwortungsträger*innen und wollen dies auch in Zukunft bleiben. Wirtschaft, Gesellschaft und Verwaltung stehen vor globalen Umbrüchen in klimatischer, geopolitischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht, die systematische Transformationen erfordern. POLICIES ist ein erfahrener und vorausdenkender Partner, der evidenzbasiert und wissenschaftlich fundiert Politikentwicklung unterstützt, ermöglicht und begleitet. Unsere Vision orientiert sich an den Anforderungen der Gesellschaft und wir agieren nachfrage- und bedarfsorientiert. Wir betreiben nicht nur Forschung und Technologieentwicklung, sondern fördern die Weiterentwicklung von Ökosystemen und Domänen. Ein integriertes Vorgehen ist notwendig, um die Herkulesaufgaben des demografischen, klimatischen und geopolitischen Wandels zu bewältigen. Eine gesellschaftliche Herausforderung, die wir annehmen.

Und darüber hinaus: Wie sehen Sie die Bewältigung des demografischen und ökonomischen Wandels in Verbindung mit der JOANNEUM RESEARCH?

Ploder: Für die JOANNEUM RESEARCH steckt großes Potenzial in der Begleitung gesellschaftlicher Transformationen. Unsere Vielfalt ermöglicht kreative Problemlösungen, gleichzeitig sind wir klein genug, dass wir miteinander in Kontakt bleiben und flexibel Teams aufstellen können.

Welche Kernkompetenzen liegen bei einem Institut für Wirtschafts-, Sozial- und Innovationsforschung?

Ploder: Als Institut für Wirtschafts-, Sozial- und Innovationsforschung unterstützen wir Verwaltungen und Akteur*innen im Bereich Wissenschaft und Wirtschaft in verschiedenen Bereichen. Wir sind in der FTI-(Forschung, Technologie, Innovation) und Regionalpolitik breit aufgestellt, legen aber auch großen Wert darauf, in verschiedenen Domänen aktiv zu sein, also in spezifischen Industrie- und Technologiebereichen sowie korrespondierenden Fachpolitiken. Unsere Vernetzung muss weiter ausgebaut werden, um FTI und Wirtschaftspolitik mit sektoralen Agenden wie Landwirtschaft, Tourismus und Verteidigung zu verbinden. Forschung, Technologieentwicklung und Innovation müssen gezielt und integriert gefördert werden, inklusive struktureller und regulatorischer Anpassungen. Die Instrumente, wie beispielsweise die Forschungsförderung mit einhergehenden regulativen Veränderungen und der Umbau von Strukturen, müssen viel stärker ineinandergreifen, als es früher der Fall war. Insofern wird unsere Aufgabe größer und spannender. Durch Datenanalyse und unabhängige Evaluierungen, insbesondere für öffentliche Auftraggeber, in Zusammenarbeit mit anderen Instituten der JOANNEUM RESEARCH und externen Fachleuten wird unsere Arbeit bereichert. Eine Win-win-Situation entsteht für alle Beteiligten. Ein integriertes Vorgehen ist notwendig, um unsere ambitionierten Ziele zu erreichen.

Die Expert*innen von POLICIES evaluieren, unterstützen und begleiten Politikentwicklung. Gibt es Trends in der politischen Entscheidungsfindung?

Ploder: Absolut. Entscheidungen werden heutzutage zum Glück evidenzbasiert und ex-ante unter Berücksichtigung von Stakeholdern reflektiert getroffen. (Ex-ante assessments: bevor eine Maßnahme umgesetzt wird, wird bewertet, wie diese gut aufgestellt und eingebettet werden kann, sodass eine optimale Wirkung entsteht.) Entscheidungsträger*innen müssen sich auch eher dafür und für den sorgsamen Umgang mit ihrem Mandat und öffentlichen Mitteln rechtfertigen. Dies kann sich allerdings auch kontra mutiger Entscheidungen auswirken. Die überwältigenden Aufgaben, mit denen wir gerade befasst sind (Klimaadaption, demografischer Wandel, geopolitische Veränderungen), brauchen neue Formen staatlicher Eingriffe und direktionale Maßnahmen. Diese überschreiten häufig die Grenzen lang etablierter Ressortzuständigkeiten oder Arbeitsteilungen. Die Bevölkerung muss stärker eingebunden werden und ist gleichzeitig in vielerlei Hinsicht überfordert.

Welche weiteren Trends und Entwicklungen gibt es in der FTI-Politik?

Ploder: Wir begleiten gerade in der aktuellen FTI-Politik größere Entwicklungen aktiv, wie zum Beispiel transformative Politiken und direktionale Maßnahmen. Früher lag der Schwerpunkt darauf, durch öffentliche Maßnahmen gute Rahmenbedingungen zu schaffen und systemische Lücken zu schließen, wie zum Beispiel den Transfer von Ideen in Unternehmen zu fördern. Diese Ansätze allein reichen jedoch nicht aus, um fundamentale Probleme wie den Klimawandel oder den demografischen Wandel zu bewältigen. Diese Probleme erfordern neue Ansätze. Auch die Abhängigkeiten von Ressourcen und internationalen Lieferketten stellen große Herausforderungen dar. Wettbewerbsfähigkeit, Lebensqualität und Nachhaltigkeit stehen dabei gleichzeitig am Prüfstand. Im Zusammenhang mit diesen Herausforderungen werden neue missionsorientierte Ansätze aufgegriffen und gemeinsame Agenden von Verwaltungen, Forscher*innen, Entrepreneuren und Gesellschaft neu aufgestellt. Wir konnten hier in Österreich in einigen Bereichen bereits einen guten Anfang machen. Ein weiterer wichtiger Bereich ist die strategische Autonomie und technologische Souveränität, wobei neue Formen der Industriepolitik entwickelt und unterstützt werden. Hierbei geht es um ein neues Verhältnis von Politik und Industrie. Dies ist ein spannendes und zukunftsträchtiges Feld, in dem Innovationen und neue Maßnahmenprogramme intensiv gefördert werden.

 Was versteht man unter missionsorientierter Politik?

Ploder: Missionsorientierte Politik ist ein neuer ziel- und wirkungsorientierter, politikfeldübergreifender sowie partizipativer Politikstil, der die Bewältigung großer transformativer Aufgaben unterstützt. Missionsorientierte Politik muss nicht nur auf EU-Missionen (Krebsbekämpfung, Klimawandelanpassung, Regeneration von Gewässern, Bodengesundheit und klimaneutrale Städte) beschränkt sein. Viele Staaten und Regionen entwickeln zunehmend eigene Missionen, die oft auch mit den EU-Missionen korrespondieren. Österreich gilt als Vorreiter in der EU. Wir als POLICIES waren frühzeitig an Studien und Diskussionen beteiligt und haben das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) gemeinsam mit dem Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) sowie dem Landwirtschaftsministerium, unterstützt, die ersten Entscheidungsgrundlagen zu legen. Ein Beispiel ist die Baseline-Studie im Auftrag der drei Ministerien mit Unterstützung des Gesundheitsministeriums, die gemeinsam mit Kolleg*innen vom AIT (Austrian Institute of Technology) durchgeführt worden ist. Gegenwärtig unterstützen wir in Österreich und auf europäischer Ebene die Umsetzung und Weiterentwicklung der EU-Missionen. Durch unsere vielseitige Beteiligung und Expertise tragen wir zum Fortschritt der missionsorientierten Politik bei, indem wir innovative Ansätze unterstützen und die Entwicklung von Instrumenten und Programmen vorantreiben.

Gibt es ein aktuelles Beispiel einer Beteiligung bei missionsorientierter Politik in der EU?

Ploder: Wir sind im Kern der Partnerschaft, die die Mission Facility in Österreich vorantreibt, durch eine Rahmenvereinbarung mit dem BMBWF und zentraler Bestandteil der Mission Governance. Über einen Zeitraum von vier Jahren unterstützen wir die Akteure der fünf EU-Missionen und die Mission Management Unit, die bei der FFG angesiedelt ist. Als Partner identifizieren wir Herausforderungen zwischen FTI und sektoraler Politik, fördern einen Whole-of-Government-Ansatz und entwickeln Deckungspfade, einschließlich Design, Planung, Evaluierung und Kommunikation von Missionen. Unsere Aufgaben umfassen Trainings und Bürgerbeteiligung, wobei wir Schulungen für Mitglieder der Mission Action Groups durchführen. Zusätzlich unterstützen wir durch Foresight, Monitoring und Evaluierung die vorausschauende Planung und Bewertung. Wir fungieren als Zahnrädchen im Getriebe und sorgen durch Workshops, Evaluierung von Maßnahmen und verschiedene Studien dafür, dass die Entwicklungen voranschreiten. Dabei ist es nicht unsere Rolle, die treibende Kraft zu sein, sondern an der richtigen Stelle Unterstützung zu bieten. Das ist eine intensivere Form der Teilhabe und Teilnahme. Wir kennen uns auf der Ebene der Instrumente und Programme gut aus. Das ist eine kleine Besonderheit bei POLICIES.

Welche Projekte sind noch besonders?

Ploder: Wir sind auf europäischer Ebene aktiv, treiben Projekte wie EHESO (The European Higher Education Sector Observatory) voran, für die POLICIES die Dateninfrastruktur aufbaut. National und international sind wir besonders in Deutschland tätig, unterstützen das BMBF bei der Vorbereitung des 10. Rahmenprogramms und begleiten die Programmierung und Evaluierung von EFRE-Programmen in deutschen Bundesländern. Im Rahmen des AMS-Qualifikations-Barometers werden von POLICIES die strukturellen und konjunkturell bedingten Veränderungen am österreichischen Arbeitsmarkt erfasst. Viel passiert auch im Bereich datenbasierter Modellierung und Analyse. Im Rahmen des Projektes IMPROFE konnten wir zum Beispiel mit dem Industriepartner Miba Automation Systems mit Hilfe datenbasierter Modelle zur Optimierung des Herstellungsprozesses von Hairpin-Statoren für Elektromotoren beitragen. Wir konnten hier in den letzten Jahren auch unsere Aktivitäten und Kooperationen im Bereich ressourcenschonende Landwirtschaft und teilflächenspezifische Bodenbewirtschaftung deutlich weiterentwickeln. Damit leisten wir auch einen Beitrag zur EU-Mission Soil – aus der Ecke der technologischen Innovation. Insgesamt ist es unser Anliegen, dass wir mit unseren Daten und unserem Domänenwissen Forschung und Innovation, Industrie und Produktion sowie Arbeits-, Wohn und Lebensraum gut verbinden und zu ganzheitlichen bzw. transformativen Lösungen beitragen können. Hierfür arbeiten die drei Forschungsgruppen („Technologie, Innovation und Politikberatung“, „Datenanalyse und statistische Modellierung“, „Regionalökonomie und Strukturpolitk“) eng miteinander und im Besonderen auch mit zahlreichen Partnern zusammen.

 POLICIES unterstützt auch Drittländer dabei Strukturen aufzubauen, die es bei uns schon lange gibt?

Ploder: In Georgien haben wir im Rahmen des Twinning-Projekts entscheidende Empfehlungen zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft gegeben. Diese Empfehlungen wurden erfolgreich umgesetzt. Dies bedeutete Signale in der Politikentwicklung und ein Bekenntnis zu Europa, während auf den Straßen die Demonstrationen gegen wiederkehrende Absonderungstendenzen stattfanden. In Albanien durften wir die National Agency for Scientific Research and Innovation (NASRI) darin unterstützen, die Rahmenbedingungen für Forschung und Förderung zu definieren und verbessern – beispielsweise im Zusammenhang mit Auswahlverfahren, Evaluierungen und Forschungsstatistiken. Was bei uns und vielerorts als selbstverständlich hingenommen wird, ist in aufholenden Ländern bei weitem noch nicht gegeben. Unser einzigartiger Vorteil liegt in unserer Fähigkeit, nicht nur wissenschaftlich zu forschen, sondern auch aktiv zur gesellschaftlichen Entwicklung beizutragen. Unsere jungen Kolleg*innen schätzen diese Möglichkeit, da sie eher sehen, dass ihre Arbeit einen direkten positiven Einfluss auf die Gesellschaft hat, als dies im reinen Wissenschaftsbetrieb der Fall ist. Die notwendige Politikentwicklung erfordert nicht nur das Setzen von Rahmenbedingungen und die Bereitstellung von Mitteln, sondern auch die aktive Begleitung von Veränderungsprozessen. Dies bedeutet, gezielt eine Richtung einzuschlagen, an anderen Stellen Abstriche zu machen und Veränderungsschmerzen zu überwinden.

Kann man große politische Entscheidungsprozesse als vermutlich „kleines Rädchen“ positiv beeinflussen?

Ploder: Politische Entscheidungsprozesse entwickeln sich immer über einen längeren Zeitraum und sind getrieben von Koalitionen der Willigen aber auch gebremst von Hartnäckigen, die Veränderung in Frage stellen. POLICIES steht genau an jenen Stellen, wo sonst ein kleines Rädchen fehlen würde, um das Momentum weiter zu übersetzen. Insofern ist es für uns auch sehr wichtig, dass wir Entwicklungen sehr früh erkennen und begleiten und nicht erst aufspringen, wenn Entwicklungen bereits in aller Munde sind.

Worin liegt die Stärke des Instituts POLICIES?

Ploder: Es reicht nicht aus, sich nur mit Gründungspolitik, Hochschulpolitik oder kollaborativer Forschung auszukennen. Unsere Stärke liegt darin, als kleine Gruppe auf allen Ebenen aktiv zu sein, bedingt durch unseren hohen „Selbstfinanzierungsgrad“ und die daraus resultierende Nachfrage- und Auftragsorientierung. Durch unsere Kernkompetenzen verbinden wir unterschiedliche Sphären miteinander. Wir sind es gewohnt, in herausfordernden Umfeldern zu arbeiten und haben daher einen Vorsprung gegenüber anderen, die erst dorthin gelangen möchten. Unser Ziel ist es, ein attraktiver Partner zu sein und gemeinsam mit anderen Lösungen zu entwickeln. Niemand kann das Problem der Klimaadaption im Alleingang lösen. Es erfordert viele kluge Köpfe und starke Hände. Erfolgreiche Veränderungen finden nur statt, wenn sie in den Entscheidungen vor Ort verankert sind. In einem Umfeld mit unterschiedlichen Strukturen in neun Bundesländern multiplizieren sich die Herausforderungen. Daher ist es für uns wichtig, flexibel und agil zu bleiben.

Wo möchten Sie in fünf Jahren mit dem Institut stehen?

Ploder: In fünf Jahren möchte ich auf dem Weg, den wir begonnen haben, noch ein Stück weitergekommen sein und als Arbeitgeber genauso und noch mehr für junge Kolleg*innen attraktiv sein. Diese sollen die Begeisterung finden, sich mit uns zu entwickeln und etwas zu bewegen. Zudem möchten wir mindestens so international aktiv sein wie bisher. Wir leisten einen wertvollen Beitrag, weil wir international verankert sind und auch national sowie für einzelne Regionen arbeiten. Ich denke, es ist entscheidend, in den sektoralen Domänen gemeinsam mit den anderen JR-Instituten noch besser verankert zu sein. Dadurch können wir unsere Kompetenzen nach außen tragen, die über die drei Eigentümer-Bundesländer in Süd- und Ost-Österreich hinausgehen und auch den südosteuropäischen Raum stärker miteinschließen. Mir persönlich ist es sehr wichtig, dass wir gut vernetzt sind.

Interview: Renate Buchgraber

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Mag. Michael Ploder
Director POLICIES, Head of Research Group
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