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Newsbeitrag - 
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Insights: Das Institut für Digitale Technologien

Corporate Communication war zu Besuch bei DIGITAL in Graz. Wir haben uns mit Institutsdirektor Matthias Rüther über die Trends bei der Digitalisierung und die Licht- und Schattenseiten unserer zunehmend digitalen Welt unterhalten.

Matthias Rüther, seit 2022 Direktor des Instituts DIGITAL, im Gespräch über Digitalisierung. Foto: JOANNEUM RESEARCH/Raiser

Der Telematiker Matthias Rüther im Gespräch über Digitalisierung. Er ist seit 2022 Direktor des Instituts DIGITAL. Foto: JOANNEUM RESEARCH/Raiser

Die Digitalisierung ist in alle Lebensbereiche vorgedrungen, was sind die positiven Seiten daran?

Rüther: Digitalisierung, wie wir sie heute verstehen, ist in erster Linie Informationsaufbereitung und Informationsbereitstellung. Durch die zunehmende Digitalisierung im privaten und öffentlichen Bereich sowie in Unternehmen wird einfach sehr viel mehr Information einem sehr viel breiteren Publikum verfügbar gemacht. Und man hat relativ ortsungebunden auch Zugriff auf diese Information. Man kann Amtswege mit dem Handy erledigen, bekommt unterwegs Benachrichtigungen über Vorgänge im Unternehmen und kann schnell darauf reagieren. Digitalisierung hat letztendlich die Telearbeit möglich gemacht. Wir können Kommunikation über unterschiedlichste Kanäle betreiben, mit anderen Personen, aber auch mit Geräten und Maschinen, die auch zunehmend intelligenter werden.

Was sind die Schattenseiten der Digitalisierung?

Rüther: Wir sehen im Trend der Digitalisierung und der KI eine zunehmende Vermischung und Verwechslungsgefahr zwischen digital aufbereiteten und von Menschen erdachten Inhalten. Das spielt rein in Themen wie Urheberrecht und beinhaltet auch ethische Aspekte. Wir beobachten auch, dass Digitalisierung in den letzten Jahren eine Trendumkehr bei der Ressourcennutzung mit sich gebracht hat. Aktuell ist ein hoher Ressourceneinsatz nötig, um Digitalisierung auf höchstem Niveau zu betreiben. Und das ist auch eines der größten Forschungsvorhaben: Wie macht man moderne Methoden der Informationsaufbereitung und KI ressourcenschonend und auf Kleingeräten einsetzbar?

Wie ist es um die Sicherheit von Daten bestellt?

Rüther: Der Sicherheitsaspekt ist ein zweischneidiger: Wenn Daten einmal in der Cloud sind, sind sie grundlegend sicher, allerdings muss man sich den Regelungen des Cloudanbieters beugen bzw. entsprechende Vereinbarungen treffen. Das große Sicherheitsthema ist der Weg von der realen Welt in die Cloud. Dazwischen stehen sogenannte Edge-Systeme, Sensorsysteme und der Datenübertragungskanal. Dieses sehr heterogene System von der Datenerfassung bis hin zur Datenauswertung in die Cloud ist eine enorme Herausforderung für die Sicherheit. Wir befassen uns deshalb auch mit sogenannter Edge-Security: Wie können wir Endgeräte sicher machen, die irgendwo vor Ort installiert sind, die lange leben sollen und oft nicht leicht upzudaten sind? Unsere Abhängigkeit vom Digitalen steigt seit den 1980er Jahren und moderne digitale Systeme, digitale Netzwerke, auch die Unterseeinternetkabel sind natürlich mittlerweile kritische Infrastruktur, die unsere Wirtschaft am Leben erhält und entsprechend geschützt gehört.

Was sind die wichtigsten Bereiche, die das Institut abdeckt? Was sind die Trends?

Rüther: Digitalisierung lebt von Information – erst, wenn ich Information habe, kann ich sie aufbereiten, interpretieren und weiter nutzen. Wir verstehen uns vor allem als Lösungsanbieter in der Erfassung von Information und haben einen starken Forschungshintergrund im Bereich Sensorik, in der Aufnahme und Erstverarbeitung von Daten und in der automatisierten Weiterverarbeitung. Das machen wir im Bildverarbeitungsbereich genauso wie in der Akustik und mit Erdbeobachtungs- und Radardaten. Ein aktueller Trend ist es, dass derartige Systeme zunehmend kleiner und ressourcenschonender werden und trotzdem mehr Verarbeitungsmöglichkeiten bieten, also Methoden der KI und Dateninterpretation schon vor Ort. Das ist eines unserer großen Forschungsthemen: automatisierte Sensordatenverarbeitung und Edge-AI-Systeme weiterzutreiben.

Wo kommen diese kleineren Datenverarbeitungssysteme zum Einsatz?

Rüther: Kleine Sensor-Computersysteme ermöglichen völlig neue Anwendungen. Man kann sie in Industriesteueranlagen einbauen. Man kann sie aber auch ins Weltall bringen, wo sie dann sehr kleine und sehr kostengünstige Satelliten darstellen. Klassisches Beispiel ist das Starlink-System von Elon Musk, das aus Tausenden von Kleinstsatelliten besteht und ein weltweites Kommunikationsnetz ist. Man kann aber auch ähnliche Satelliten für Präzisionsmessungen auf der Erde bzw. für Erdbeobachtungsmissionen einsetzen. Das eröffnet völlig neue Möglichkeiten, weil die Kosten wesentlich geringer sind, sowohl für den Transport ins All, als für den Satelliten selber, der nicht größer sein muss als ein Würfel von 10 cm. So lassen sich auch Präzisionsmessungen auf der Erde realisieren. Wir haben z.B. unser Corner-Reflektor-System, das es ermöglicht, Bodenveränderungen hochpräzise zu messen, ohne auch nur ein Stück Elektronik wirklich am Boden zu verbauen. Auf der Erde haben wir nur einen Reflektor, der das Satellitensignal optimal zurückwirft. Wenn man jetzt an Sensorik auf der Erde denkt, dann ermöglicht sie auch wesentlich mehr Einblicke, wie Prozesse und unsere Umwelt funktionieren, was den Aufbau sogenannter digitaler Zwillinge ermöglicht.

Wie kann man sich das vorstellen?

Rüther: Ziel ist es, Vorgänge, die in der realen Welt stattfinden auch in der digitalen Welt abzubilden. Ein digitaler Zwilling ist gewissermaßen ein „Spielplatz“, um Veränderungen im System, wie etwa Prozessverbesserungen, sehr kostengünstig durchzuspielen und die Auswirkungen zu studieren. Die Grundlagen dafür erzeugen wir beispielsweise mit unserem Digital Twin Lab in Kärnten. Dort können wir hochgenaues Kartenmaterial von Verkehrsinfrastrukturen oder Industrieanlagen erzeugen.  Erwähnen möchte ich auch unser Hyperspectral-Imaging-Labor, das spektral breitbandige Aufnahmen ermöglicht: Wenn man das gesamte Lichtspektrum aufnimmt – vom Ultraviolettbereich bis zu Infrarot über das sichtbare Licht hinweg – dann kann man nicht nur Aussagen über die Oberfläche von Objekten treffen, sondern auch über das Material aus dem das Objekt besteht. So lässt sich etwa die Beschaffenheit von Recyclingmaterial genau analysieren. Man kann dann z.B. unterschiedliche Kunststoffe oder Metallsorten trennen aber auch Textilien, Biomüll, Restmüll und Papier unterscheiden.

Blicken wir in die Zukunft: Wo wird sich die Digitalisierung hin entwickeln?

Rüther: Die grüne Transformation wird die Digitalisierung weiterhin bestimmen. Ein weiterer Faktor ist die demografische Entwicklung. Es gilt die zukünftige Knappheit an menschlichen Ressourcen durch höhere Produktivität zu kompensieren. Aktuell sehen wir diesen Trend vor allem in der Informationsaufbereitung. KI-Systeme dienen dazu, Information übersichtlich bereitzustellen und komfortabel aufzubereiten. Wenn wir es schaffen, diese Systeme auch ausreichend vertrauenswürdig zu machen, dann werden wir sie künftig immer mehr in Entscheidungsprozesse einbinden können. Wir werden zunehmend Assistenzsysteme sehen, die selbständig Entscheidungen treffen und selbständig Tätigkeiten durchführen. Das geht von autonomen und halbautonomen Fahrzeugen und Robotern bis zu Maschinen und persönlichen Assistenten zu Hause. Wenn wir 10 Jahre in die Zukunft blicken, werden wir viele autonome Helferlein vorfinden, die uns sowohl die Arbeit als auch unser tägliches Leben erleichtern.

Interview: Petra Mravlak

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